Therapiesuche gegen chronisch-systemische Entzündung der Fettzellen bei Adipositas
Lange bekannt ist die Tatsache, dass schweres Übergewicht, die sogenannte Adipositas, mit einer chronischen Entzündung im Fettgewebe einhergeht. Dies bedeutet für den körpereigenen Stoffwechsel eine außergewöhnliche Belastung, die zu Folge- und Begleiterkrankungen, beispielsweise zur Entstehung eines Typ-2-Diabetes beitragen kann. Die Umstellung der Lebensweise durch gesunde Ernährung und mehr Bewegung ist aus diversen Gründen meist nicht zielführend, weil kaum eine Aufgabe schwerer zu bewältigen ist, als liebgewordene Gewohnheiten des Lebensstils zu verändern.
Einem neuen Behandlungsansatz gehen die endokrinologischen Forscher nach, indem sie mit Medikamenten gezielt eingreifen, um die Entzündungsprozesse zu beseitigen. Auf diese Weise könnten Fettstoffwechsel, Diabetes und Adipositas verbessert werden.
Aus wissenschaftlichen Erkenntnissen der letzten Jahre resultiert der Nachweis, dass in überschüssigem Fettgewebe chronische Entzündungen ablaufen, ebenso wie im Energiestoffwechsel der Leber und Bauchspeicheldrüse sowie im Gehirn. Diese „stille“ Entzündungsreaktion wird von den Patienten nicht wahrgenommen; sie hat aber dennoch nachteilige Auswirkungen auf den Organismus. Das blutzuckersenkende Hormon Insulin wird weniger wirksam, wodurch der aufgenommene Zucker im Blut bleibt, für die Zellen als Energie nicht verfügbar ist und den Gefäßwänden Schaden zugefügt wird.
Der Energiemangel der Zellen führt zur Produktion von immer mehr Insulin in der Bauchspeicheldrüse, die zunächst den Organismus mit zu viel Insulin überschwemmt (Hyperinsulinämie). Mit der Zeit erschöpfen sich die Zellen der Bauchspeicheldrüse, die Insulinproduktion wird konstant weniger und es entwickelt sich ein manifester Typ 2-Diabetes.
Bekannt ist inzwischen, dass die chronisch-systemische Entzündung der Fettzellen eine wichtige und ursächliche Rolle bei der Krankheitsentstehung ist. Das erfordert die konsequente Reduktion des Fettgewebes.
Als gängige Empfehlung zum Fettabbau gelten die etablierten Maßnahmen wie Diät, Bewegung und Sport, eine Verhaltenstherapie oder auch Medikamente. Viele Studien bestätigen, dass eine Gewichtsreduktion der Diabeteserkrankung entgegenwirkt oder sie sogar verhindern kann. Die Mehrzahl der Patienten sprechen aber auf Diäten kaum an, die Diäteffekte sind in den meisten Fällen nicht dauerhaft durch den JoJo-Effekt. Andere Patienten dürfen aus gesundheitlichen Gründen nicht fasten und viele stark übergewichtige Personen könnten mit sportlicher Aktivität ihren Gelenkenstrukturen schaden. Ein gängiger Weg zur Behandlung einer Entzündung wäre die generelle Unterdrückung des Immunsystem, eine Maßnahme, die kaum der richtige Weg gegen Adipositas sein kann, weil die Betroffenen mit geschwächten Abwehrkräften jeder Infektion, Erkältung- oder Grippe – ausgeliefert seien. Einen möglichen Weg beschreibt Professor Jan Tuckermann, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Es sei zielführender eine Strategien zu entwickeln, um entzündungshemmende Hormone und Substanzen direkt an den Entstehungsort der Entzündung zu bringen, um die schädigenden Prozesse punktgenau auszuschalten.
Daraus ist ein neues Forschungsfeld entstanden, das als Immuno-Metabolismus bezeichnet ist. In dieser Disziplin befassen sich die Wissenschaftler mit den Zusammenhängen von Immunabwehr, Stoffwechsel und Hormonen bei Menschen mit Übergewicht und Adipositas.