European Obesity Day 2011 der Adipositas Stiftung in Deutschland
Die Zahl der Übergewichtigen und Adipösen hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht, und nicht nur in den modernen Industrienationen wird diese Entwicklung mit großen Bedenken registriert, sondern auch die Schwellenländer zeigen einen ähnlichen Anstieg des Körpergewichts.
Dass damit ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen verbunden ist, führt zur gravierenden Belastung des Gesundheitssystems und ist mit erheblichen gesellschaftlichen Konsequenzen verbunden . Auf Einladung der Adipositas Stiftung Deutschland trafen sich in Berlin Experten aus den unterschiedlichen Fachdisziplinen, um die auf die Bevölkerung zukommenden Probleme zu diskutieren. Ein Gegensteuern ist unbedingt erforderlich, um der Volkskrankheit Einhalt zu bieten, nicht zuletzt, weil in Deutschland die meisten Übergewichtigen in Europa registriert werden.
Die Ursachen des erhöhten Risikos für Folge- und Begleiterkrankung sieht Professor Stephan Jacob aus Villingen Schwenningen im viszeralen Bauchfett, das als metabolisch aktives Gewebe gefährliche Botenstoffe freisetzen kann, die den Blutdruck steigern und über eine Insulinresistenz zu einem Diabetes auswachsen können. Die finanziellen Aufwendungen allein für die Folgen des Übergewichts kosten das Gesundheitssystem jährlich 530 Millionen Euro.
Übergewicht wirkt sich bei vielen Männern negativ auf das Sexualleben aus. Das viszerale Fettgewebe produziert Entzündungsstoffe, die das Hormon Testosteron negativ beeinflussen. Mit sinkende Testosteronspiegel werden weniger Muskeln aufgebaut, und die mit der Ernährung zugeführte Energie lagert sich als Fettgewebe bevorzugt im Bauchraum ab. Der Teufelskreis aus hohem Bauchfett – Testosteronmangel – noch mehr Bauchfett schließt sich und führt bei den betroffenen Männern zur erektilen Dysfunktion und Impotenz.
Fraglos ist eine solche Situation für die Psyche der Betroffenen nicht förderlich. Das Körperbild und die Entzündung belasten das Selbstwertgefühl und nicht selten treten Depressionen und Essstörungen auf. Dieser Entwicklung kann nur begegnet werden, wenn frühzeitig eine Verhaltensmodifikation und psychotherapeutische Gesprächstherapie angeboten werden. Einerseits muss die Ernährung umgestellt und die Betroffenen zu vermehrter sportlicher Aktivität motiviert werden. Zur besseren Akzeptanz empfiehlt Privat-Dozent Thomas Ellrott aus Göttingen den Übergewichtigen und Adipösen sich einer Gruppe mit identischen Problemen anzuschließen. Wenn gleichzeitig Verzicht bei der Nahrungsaufnahme und vermehrt die körperliche Bewegung gefordert wird, ist dies eine enorme Herausforderung für Übergewichtige, die sorgfältig von einem therapeutischen Team begleitet werden sollte. Erfolgreiche Gewichtsreduktion dient nicht zuletzt der Durchhalte-Motivation, und diese kann durch eine medikamentöse Therapie mit einem Fettbinder wie Orlistat (alli®) besser erreicht werden.
„Sehr viele Übergewichtige und Adipöse sägen nachts ganze Wälder ab“, so Dr. Annette Chen-Stute aus Duisburg, indem sie die häufigen Schlafstörungen dieses Kollektiv beschrieb. Zwischen den Schnarchphasen kann es zu Atemstillständen kommen, die den Körper in eine Sauerstoffnot bringt. Dann ringen die Schnarcher extrem nach Luft, werden geweckt, um danach weiter zu schnarchen. Dass eine mehrfache Sauerstoffnot während der Nacht den Körper und das Herz-Kreislaufsystem extrem beeinträchtigt und zu schweren Folgeerkrankungen führt, sollte der Arzt im Auge behalten. Diese Menschen leiden unter extremer Tagesmüdigkeit und wiederholtem Sekundenschlaf, der die Leistungsfähigkeit senkt und die Arbeit an Maschinen oder in Kraftfahrzeugen gefährlich werden lässt. Die nächtliche Versorgung mit Atemmasken zur leichten Überdruckbeatmung lässt die Betroffenen tief und erholsam schlafen, weil die Atemwege offen gehalten werden.
Der zweite Europäische Adipositastag in Deutschland wurde in einer erfolgreichen Diskussionsrunde beendet, die den Journalisten ein breites Wissen um die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Risiken des ansteigenden Körpergewichts in der deutschen Bevölkerung verdeutlichte.