Die Adipositas-Pandemie ist noch nicht unter Kontrolle
Nach den Daten des Robert Koch-Institut wird deutschlandweit bei jedem vierten Erwachsene eine krankhafte Adipositas diagnostiziert. Noch immer herrscht die irrtümliche Meinung vor, dass es sich um ein kosmetisches Problem handelt, obwohl mehr als 60 Begleit- und Folgeerkrankungen in diesem Kollektiv bekannt sind. Tatsächlich handelt es sich um eine chronische Erkrankung, bei der die meisten therapeutischen oder diätetischen Möglichkeiten nur kurzfristig Erfolge zeigen, gefolgt von Rezidiven, durch die jedes jemals erreichte höchste Gewicht erneut angestrebt und oft noch übertroffen wird.
Enorme Anstrengungen für die Betroffenen, für die behandelnden Ärzte und das gesamte Gesundheitssystem bedeutet es, das Risiko der Komorbidität zu kontrollieren. Es drohen Bluthochdruck, Herzerkrankung und Typ 2-Diabetes, Schlafstörungen und Schlafapnoe treten häufiger auf, orthopädische Intervention wird bei Gelenküberlastung gesucht, nicht-alkoholische Fettleber, Atemnot, und ein erhöhtes Krebsrisiko sind in diesem Kollektiv erhöht. Damit benötigen Personen mit Adipositas neben ihrem Hausarzt und Internisten ein breites Spektrum von Fachärzten, die sich mit der Behandlung der Folge- und Begleiterkrankungen des starken Übergewichts auseinandersetzen.
Die körpereigenen Ursachen stellen sich nicht selten als ein therapieresistentes Problem heraus, weil sich metabolische und hormonelle Signale gegen jeglichen Gewichtsverlust wehren.
Die Ursachenforschung betrachtet daher die hohe Energiezufuhr durch Ernährungsfehler bei gleichzeitig zu geringer Energieverbrennung durch praktizierte Inaktivität und Bewegungsverweigerung als evident. Die genetische Ausstattung des Einzelnen sowie die meist Dopamin-induzierten, neuroendokrinen Prozesse vom und zum Belohnungssystem im Gehirn sind dabei die wichtigen Mitwirkenden.
Im täglichen Miteinander und auch im Gesundheitswesen haben sich – entgegen der Kenntnisse um die körpereigene Mitwirkung und den Erkrankungscharakter – negative Betrachtungen wie „undiszipliniert, willensschwach, und eigene Schuld“ als Vorurteile etabliert im sozialen und beruflichen Umfeld der Betroffenen.
Solche Stigmatisierungen gehen an der Tatsache vorbei, dass es sich um eine chronisch-systemische Erkrankung handelt, für die kaum evidenzbasierte und qualitätsorientierte Behandlungen existieren. Die meisten jemals zu Behandlung von Übergewicht und Adipositas entwickelten und dem Markt verfügbaren Medikamente scheiterten an den kaum tolerierbaren Nebenwirkungen, die insbesondere die Psyche betrafen und depressive Episoden hervorriefen. Alle Medikamente zur Gewichtsreduktion wurden daher in der Vergangenheit von den Herstellern zurück gerufen.
So bleiben lediglich die Senkung der aufgenommenen Nahrungsenergie und die Aufforderung zu zur regelmäßigen, energiezehrenden körperlichen Aktivität, für die allerdings Disziplin, Willenskraft und konsequentes Durchhalten unverzichtbar sind.
Der Entschluss zu einer Adipositas-chirurgischen Intervention kann als eine letzte Möglichkeit der Gewichtsreduktion bei krankhaft adipösen Menschen erforderlich werden, um vor den Folge- und Begleiterkrankungen der Adipositas zu bewahren.