Diabetes bei Kindern als lebenslange Herausforderung
In allen Ländern der Europäischen Union wird ein enormer Anstieg des Kinderdiabetes registriert, und es kann davon ausgegangen werden, dass die Erkrankung bei unter fünfjährigen Kindern sich bis zum Jahr 2020 verdoppelt. In Finnland gehört bereits eines von 110 Kindern zum Kollektiv der Diabetiker.
Mehr Aufmerksamkeit seitens der Eltern und Ärzte fordert Professor Thomas Danne, Kinderdiabetologe aus Hannover, für die ersten Anzeichen von Diabetes, die sich in vermehrtem Durst, dem Wiederauftreten des nächtlichen Einnässens oder wiederholtem Abmelden aus dem Schulunterricht wegen dringendem Wasserlassen ausdrücken. „Oft sind die Kinder chronisch müde und nehmen an Gewicht ab“, so der Referent, der die Kinderärzte besonders darauf hinweist. „Im optimalen Start einer Diabetestherapie liegt der Schlüssel zum Erfolg“, führte er aus. Vorsorge macht eine effektive Therapie erst möglich, denn mit jeder sich einstellenden Folgeerkrankung steigen die Kosten der Behandlung.
Kurse gegen Übergewicht gehören zu den Präventionsangeboten ebenso wie die Erhöhung der Sportstunden in den Schulen. Erfolg versprechend ist das Erkrankungsmanagement im Diabetesteam aus Beratern, Ökotrophologen, Psychologen und Ärzten sowie den Eltern und Betreuern, das z.B. mit der Aktion „Fit für die Schule“ ins Leben gerufen wurde.
„Kinder mit Diabetes gehören in kompetente Zentren, und der Langzeitblutzuckerwert spiegelt die Bedrohung für die Langzeit- und Folgeschäden wider. Dass inzwischen die Hälfte der Kinder einen Langzeitblutzuckerwert unter 7 erreichen, ist die positive Botschaft“, so Danne. Die negative Botschaft sei, dass die andere Hälfte immer noch deutlich über dem Langzeitblutzuckerwert von 7 Prozent liegt.
Dass Oliver Schnelting, Deutscher Meister im 200 m-Sprint, schon als fünfjähriges Kind mit der Diagnose Typ-1-Diabetes konfrontiert wurde, hat ihn nicht davon abgehalten eine Sportlerkarriere zu beginnen. Allerdings sind Ernährung und Erkrankungsmanagement streng an die sportliche Aktivität angepasst. „Wenn der Blutzucker stimmt, stimmt auch die körperliche Leistung“, betonte Schnelting. Dazu gehören regelmäßige Blutzuckermessungen und die Fähigkeit den Blutzucker durch Ernährung und Insulindosis im Normbereich zu halten.
„Bei Kindern liegt meist ein Typ-1-Diabetes vor“, so Danne, „der einer Autoimmunerkrankung entspricht, bei der die Insulin produzierenden Inselzellen des Pankreas sich selbst zerstören.“ Therapeutisch sind diese Kinder auf Insulintherapie angewiesen, deren Anwendung mit schnell wirksamen und 24-Stunden-Insulinanalogon verfügbar sind.
Es sind variable Einflüsse wie Wachstumsschub, hormonelle Veränderungen sowie unvorhergesehene körperliche Aktivitäten und Nahrungsaufnahme, die zu Schwankungen des Blutzuckerspiegels führen. Daher sind Insulinpumpen und Glukosesensoren in diesem Lebensalter oft unentbehrlich.
Die Ergebnisse einer kürzlich publizierten internationalen Diabetesstudie belegen, dass die langfristig gute Blutzuckereinstellung bei Kindern eng assoziiert ist mit der Risikoreduktion von Spätfolgen wie Erblindung, Nierenversagen oder frühzeitigem Herzinfarkt. Auch wird die Lebensqualität bei guter Blutzuckereinstellung deutlich höher bewertet.
„Die Aktion ,Wissen was bei Diabetes zählt – Gesünder < 7‘ hat in den letzten sieben Jahren fast eine halbe Million Besucher an 33 Standorten erreicht“, sagte Dr. Richard Daikeler, Diabetologe aus Sinsheim, der seit Anfang an die Aktion begleitet. Insgesamt konnten 23.000 Risikocheckbögen ausgewertet und fundierte Daten gewonnen werden.
Im Jahr 2010 war jeder vierte Teilnehmer ein Diabetiker, von denen 86 Prozent ihren Langzeitblutzuckerwert überprüfen ließen. Davon waren 46 Prozent nicht zufriedenstellend eingestellt, und ein Langzeitblutzuckerwert jenseits von 8 Prozent wurde bei 17 Prozent registriert. 69 Prozent der Teilnehmer hatten noch keinen manifesten Diabetes. „Aufgrund erhöhtem BMI (67 Prozent), und zu großem Bauchumfang (48 Prozent) sowie einem behandlungs-bedürftigen Bluthochdruck waren die Diabetes-Risikofaktoren bei den Teilnehmern sehr ausgeprägt“, so Daikeler.