Der Zuckergehalt ist nahezu immer höher als man denkt

Eine Studie des Max-Planck-Instituts in Mannheim belegt, dass nicht nur die Kinder in Deutschland, sondern auch die Erwachsenen deutlich mehr Zucker täglich verzehren, als sie denken. Von insgesamt 74 Prozent der teilnehmenden Eltern wird der Zuckeranteil in der Nahrung falsch eingeschätzt, in den meisten Fällen viel zu niedrig.

Auffällig war die Fehleinschätzung bei Orangensaft und Fruchtjoghurt, die üblicher Weise den gesunden Lebensmitteln zugeordnet werden, und das könnte sich unmittelbar auf die Gesundheit der Kinder auswirken, meint Dr. Anja Luci, ernährungswissenschaftliche Beraterin der KKH.
Die Fehlinformation habe unterschiedliche Ursachen, und ein wesentlicher Faktor sei das Versteckspiel der Industrie. Während seit 2016 der Gesamtzuckergehalt pro 100 Gramm eines Produktes vom Hersteller klar auf der Verpackung ausgewiesen sein muss, sei es eine beliebte Spielart, die Zutatenliste in einzelne Zuckerarten und Synonymen zu beschreiben, die man aber kennen müsse, um sie als Zucker zu identifizieren. Auch befleißigen sich die Hersteller eines weiteren Tricks zum Kaloriengehalt Portionsgröße, die fast immer zu gering definiert werde und kaum im menschlichen Essverhalten widergespiegelt werde.
Als überraschende Zuckerfallen bezeichnet die Ernährungswissenschaftlerin vor allem die als gesund geltenden Nahrungsmittel. Ein Glas Orangensaft enthalte ebenso viel Zucker wie ein Colagetränk, nämlich sieben Stück Würfelzucker. Trockenobst bezeichnet sie als wahre Zuckerbombe, weil es zu 50 bis 70 Prozent aus Fruchtzucker besteht. Cornflakes, Müsli, Ketchup, Nudel- und Grillsoßen sowie Salatdressings lieferten pro Esslöffel mindestens drei Zuckerstücke.
Auch light-Produkte sind nach Ihrer Meinung mit Vorsicht zu genießen, weil hier der Zucker durch Fett ersetzt werde, um den geringer dosierten Geschmacksträger Zucker auszugleichen. Angesichts der alarmierenden Zunahme an übergewichtigen Erwachsenen und Kindern warnte sie dennoch vor Verboten, die wenig zielführend seien. Es dürften die Versprechungen der Werbung nicht gutgläubig hingenommen werden, sondern die Zutatenliste der Verpackungen sollten sorgfältig gelesen werden. Die versteckten Zuckerquellen zu entdecken, könne man lernen, und die beste Empfehlung ist die Warnung vor Fertiggerichten. Frische Produkte aus der Region sollten selbst zubereitet werden, Pudding zum Dessert könne durch Naturjoghurt mit frischen Früchten abgelöst werden. Süßigkeiten und stark gezuckerte Produkte gehören nach Luci nicht zu den alltäglichen Nahrungsmitteln, sondern sollten aufgespart werden für einen besonderen Genussmoment, etwa als Highlight am Wochenende.
Die Regierung hat die Zuckersteuer abgelehnt, obwohl Ärzteverbände vor diesem Süßungsmittel gewarnt haben. Um den Zuckerkonsum nachhaltig zu senken, sind Aufklärung und Prävention wichtige Faktoren. Kinder und Jugendliche aus Kita und Schulen sind frühzeitig mit notwendigem Wissen an ein Ernährungsbewusstsein heranzuführen, welches sie lebenslang fortführen. Snacks und Softdrinks sollten von Schulhöfen verbannt werden, der Schulkiosk und die Mensa sich auf gesunde Lebensmittel beschränken. Erwachsene sollten wissen, dass kaum ein verarbeitetes Lebensmittel ohne Zucker auskommt. Daher ist eine bessere Kennzeichnung gefordert, die nicht zur Verwirrung führt, sondern den Verbrauchern die Augen für gesund oder ungesund zu öffnen.


– Adipositas Stiftung // Veröffentlicht in Allgemein