Chance verpasst: lieber Steuern kassieren als Gesundheit fördern
Tabaksteuermodernisierungsgesetz, wieder einmal erfreut uns die Politik mit einem Wort-Ungetüm, hinter dem sich eine krasse Fehlentscheidung verbirgt. Federführend entschieden hat dies das Finanzministerium, dem die Sicherung von Steuermehreinnahmen am Herzen lag. Vielleicht hätte das Gesundheitsministerium anders entschieden – wer weiß? Die gesundheitlichen Aspekte der Rauchenden blieben unberücksichtigt, denn je mehr Menschen rauchen, umso besser sprudeln die Steuereinnahmen.
Fraglich ist daher, wieso die Verbrennungszigaretten und Feinschnitt den geringsten Steueranteil zugeteilt bekamen, obwohl diese den höchsten Schadstoffgehalt freisetzen. Verbrennungsfreien Produkten wie E-Zigaretten und Tabakerhitzern wurde sowohl von der FDA als auch vom Bundesamt für Risikobewertung (BfR) eine Reduzierung der schädigenden Stoffe von im Schnitt 95 Prozent bescheinigt, und trotzdem erhielten sie die höchste Steuererhöhung. Widersinnig scheint diese politische Entscheidung. Die Politik negiert ihre Pflicht dem Bürger eine schadstoffadaptierte Steuer zuzugestehen, und nimmt in Kauf, dass Rauchende aus Kostengründen die herkömmlichen Zigaretten wählen, bei deren Verbrennung hohe Mengen gesundheitsschädlicher Substanzen entstehen.
Wären die Steuern für die besonders schädliche Verbrennungszigaretten deutlicher und für die verbrennungsfreien Alternativen weniger stark erhöht worden, hätte sich die Chance verbessert, dass mehr Menschen das Rauchen aufgeben, oder sich wenigstens für weniger hoch besteuerte verbrennungsfreie und dadurch signifikant schadstoffreduzierte Produkte entschieden. Vorsorgen ist Fürsorgen – aber nun haben wir das genaue Gegenteil bekommen!
Dass Rauchen nicht gesund ist, weiß die Bevölkerung. Auch ist jedem bekannt, dass beim Rauchen von Verbrennungszigaretten hohe Schadstoffkonzentrationen entstehen. Dennoch bleiben viele Raucher bei ihren Rauchgewohnheiten, obwohl die für die Gesundheitsvorsorge beste Wahl der komplette Rauchstopp wäre. Genau dieses Rauchverhalten würde aber gefördert, wenn die absurde Situation einträte, dass die klassische Verbrennungszigaretten durch eine unausgewogene Steuererhöhung weniger stark verteuert würden als die deutlich schadstoffreduzierten Alternativen. Harm-Reduction ist Schadensminderung, und dazu sollte die Politik verpflichtet sein. Mit der höchsten Steuerbelastung werden schadenmindernde Alternativen für die Rauchenden teurer als die hochschädlichen Produkte mit Tabakverbrennung! Wer versteht noch diese Entscheidung?
Vielleicht das Gesundheitsministerium? Dieses unterstützt offenbar mit 500 Millionen Euro Investition die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig bei der Initiative „Rauchfrei Leben“, die Aufklärungs- und individuelle Rauchstopps plant. Konkret wird den Rauchern in dieser Initiative zugesagt, dass Versicherte in Zukunft bei schwerer Tabakabhängigkeit mit einer Kostenübernahme rechnen können, wenn sie alle drei Jahre an einem evidenzbasierten Programm zur Raucherentwöhnung teilnehmen würden.
Vor dem Hintergrund, dass laut der DEBRA-Studie der Universität Düsseldorf nur etwa 10 bis 20 Prozent der Rauchenden ersthaft probieren das Rauchen einzustellen, und oft auf viele erfolglose Versuche zurückblicken, andererseits die Mehrheit der Rauchenden Ihre Rauchgewohnheit beibehalten will, erscheint die Durchschlagkraft einer so aufwändigen und teuren Initiative von vorne herein fraglich.
Es bleibt zu wünschen, dass die aktuelle Tabakmodernisierungsgesetz-Entscheidung nach den Bundestagswahlen überarbeitet wird und die finanzpolitischen Ziele zugunsten von Maßnahmen des präventiven Gesundheitsschutzes und der Schadensminderung in den Hintergrund treten.