Experten und Betroffene fordern mehr Unterstützung für Adipöse

Mai 21st, 2010 by

Die Statements der Teilnehmer am Media-Roundtable anlässlich des ersten Europäischen Tags zur Bekämpfung der Adipositas

Prof. Dr. Stephan Jacob: „Übergewicht ist eine Krankheit“

Der zweite Vorsitzende der Adipositas Stiftung Deutschland, Professor Dr. Stephan Jacob, ist niedergelassener Facharzt für Diabetologie/Endokrinologie und Lehrbeauftragter an der Universität Tübingen. Als besonders gefährlich schätzt er das viszerale, also versteckte Körperfett ein, das risikoreiche Substanzen produzieren kann. Diese Stoffe sind hauptverantwortlich für das Entstehen von Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck oder Typ 2-Diabetes, da sie direkt in den Blutkreislauf gelangen. Professor Jacob ist überzeugt, dass Adipositas als Krankheit von der Gesellschaft nicht länger als rein ästhetisches Problem abgetan werden darf. Im Vordergrund stehen vor allem gesunde Ernährung und viel Bewegung. Bei vielen Patienten sieht er auch die medikamentöse Unterstützung als Chance im Kampf gegen das viszerale Fett. Zusammen mit Änderungen des Lebensstils kann die Gabe von Orlistat zu den Mahlzeiten die Fettaufnahme in den Körper reduzieren und so das Abnehmen unterstützen. Hierfür sei es jedoch stets wichtig, dass sich Abnehmwillige individuell von Arzt, Ernährungsberater oder Apotheker beraten lassen.

Johanna Jäger: „Es muss viel mehr Aufklärung geben“

In die Berliner Plus-Apotheke von Johanna Jäger kommen Adipositas-Kranke meist nicht, um aktiv etwas gegen ihr Übergewicht zu tun. Oft kommen sie aus anderen Gründen, etwa um Kopfschmerztabletten zu kaufen. Öffentlich zugeben, dass sie ein Problem haben, das trauten sich die wenigsten. Doch die Apothekerin weiß, dass sie ihre Kunden zum Beispiel mit einer Frage zu ihrem Essverhalten erreichen kann. Viele Betroffene glaubten selbst, sich normal zu ernähren – und schließlich stelle sich heraus, dass sie jeden Abend Sahnetorte essen. Ist die Selbsterkenntnis erreicht, erarbeitet Jäger mit ihren Kunden die weiteren Schritte und empfiehlt auf ihre Bedürfnisse abgestimmte medizinische Präparate. Die eigentlichen Gründe für das gestörte Essverhalten lägen jedoch oft tiefer. Bei vielen Übergewichtigen sei das Essen zum Frustessen geworden. So etwa bei Jugendlichen, die keine Ausbildungsstelle bekommen. Die Apothekerin bedauert, dass Adipositas noch immer nicht als Krankheit wahrgenommen werde.
Statt zu Ursachen und Lösungsmöglichkeiten aufzuklären, empörten sich die Deutschen nur darüber, wie dick die Leute seien.


Oliver Welchering: „Adipöse bekommen zu wenig Unterstützung“

Arthrose in den Kniegelenken, beginnende Typ 2-Diabetes, Depressionen und Zukunftsängste: Als Oliver Welchering im Jahr 2000 seinen Job verliert, fühlt er sich als Außenseiter der Gesellschaft. Knapp 200 Kilo bringt er zu diesem Zeitpunkt auf die Waage und lässt nichts unversucht: diverse Fastenkuren, psychosomatische Therapien, regelmäßiger Besuch von Sucht-Selbsthilfegruppen. Er entschließt sich zu einer Magenbypass-Operation, kämpft monatelang um die Übernahme der Kosten durch seine Krankenkasse. Erst im dritten Anlauf bekommt er schließlich die Zusage. Heute wiegt der 37-Jährige 80 Kilo weniger, ist gesund, wieder berufstätig und fühlt sich endlich wieder als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Es sei für ihn schwer gewesen, wirkliche Hilfe zu bekommen. Deshalb ist er der Meinung, dass Adipositas als Krankheit in ihrer Komplexität wahrgenommen werden müsse. Nur mit einer breiten Aufklärung und der Unterstützung durch Experten könne sie wirklich bekämpft werden.

Fünf Portionen Obst und Gemüse – wie groß ist der Schutz vor Krebs?

Mai 4th, 2010 by

Wer täglich fünf Obst- und Gemüsemahlzeiten zu sich nimmt, senkt sein Risiko, an Krebs zu erkranken, lautet eine im Jahr 1990 von der Weltgesundheitsorganisation WHO herausgegebene Empfehlung und auch das US-National Cancer Institute betrachtete diese Forderung als eine der wichtigsten Maßnahmen, um Krebs zu vermeiden. Seitdem wurde mit vielen Untersuchungen versucht den endgültigen Beweis anzutreten, doch eine Bestätigung der These steht immer noch aus.

Die Frage einer krebspräventiven Ernährungsweise versucht man mit einer prospektiven Kohortenstudie, der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) zu beantworten. Beteiligt sind rund 520.000 Personen mit signifikanten Unterschieden der Ernährung und Lebensweise. Die meisten Teilnehmer der Studie sind Männer zwischen 40 und 65 Jahren und Frauen zwischen 35 und 65 Jahren.

Eine Auswertung der EPIC-Studie im Journal of the National Cancer Institute (JNCI 2010; doi: 10.1093/jnci/djq072) erbrachte nun Belege für die protektive Krebswirkung von viel Obst und Gemüse, wenn diese auch weit hinter den allgemein verbreiteten Erwartungen zurückblieb.

Im Rahmen der EPIC-Studie untersuchten die Wissenschaftler von 1992 bis 2000 insgesamt 142.605 Männer und 335.873 Frauen. Im Laufe der mehr als achtjährigen Nachbeobachtungszeit erkrankten 30.000 Teilnehmer an Krebs. Der Verzehr von Obst und Gemüse senkte dabei das Krebsrisiko lediglich um 3 Prozent (Hazard Ratio 0,97), infolge der großen Teilnehmerzahl der Studie war diese Assoziation mit einem 95-Prozent Konfidenzintervall von 0,96 bis 0,99 allerdings signifikant. Dennoch schätzten die Autoren den statistischen Unterschied als gering ein, denn möglicherweise beruht dieses Ergebnis nicht auf der Ernährung alleine, sondern auf weiteren Effekten eines gesunden Lebensstils. Menschen, die viel Obst und Gemüse essen, treiben meist auch mehr Sport, rauchen und trinken weniger, so Professor Bofetta, so dass ihr Krebsrisiko auch aus diesen Gründen niedriger ausfallen kann. Möglicherweise profitieren von der krebspräventiven Wirkung von Obst und Gemüse bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie Menschen mit einem starken Alkoholkonsum oder Raucher. Allerdings sollte besser der Alkoholkonsum bzw. das Rauchen eingestellt werden. Möglicherweise wird auch das Risiko seltener Krebsarten gesenkt, da das Ergebnis dieser Untersuchung von den häufigen Krebsformen wie etwa Darm- oder Brustkrebs bestimmt wird. Auch die Hoffnungen beim Prostatakarzinom sind noch nicht endgültig begraben. Um diese Fragen abschließend beurteilen zu können, fehlen allerdings auch die Belege.

Trotz dieser Studienergebnisse hat die Empfehlung, „täglich fünf Portionen Obst und Gemüse“ zu verzehren, weiterhin ihre Gültigkeit wie in einem Leitartikel der renommierten Zeitschrift Lancet (Volume 375, Issue 9723, Page 1320, 17 April 2010) propagiert wird.

Es werden vier Gründe angeführt.
1. können Obst und Gemüse auch gegen Herzerkrankungen und Schlaganfall schützen.
2. obwohl die Ergebnisse eine geringere Schutzwirkung vor Krebserkrankungen insgesamt zeigen, ergibt sich dennoch ein starker Schutz vor spezifischen Krebserkrankungen wie Mund-, Speiseröhren-, Darm- und Lungenkrebs.
3. helfen Obst und Gemüse dabei, ein gesundes Körpergewicht zu halten und Adipositas abzuhalten, und
4. der hohe Faseranteil dieser Ernährung kann vor Darmkrebs schützen.

In einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit ergänzt Professor Joost, Potsdam-Rehbrücke, dass unser Leben ohne leckere Früchte und Gemüse wesentlich ärmer wäre.

Was sagt der glykämische Index

Oktober 26th, 2009 by

Ob der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr von Kohlehydraten rasch oder langsam ansteigt, beschreibt der glykämische Index. Alle Nahrungsmittel, die einen hohen glykämischen Index haben, sorgen für einen schnellen und hohen Blutzuckeranstieg und führen zu Blutzuckerspitzen.

Haben die Lebensmittel einen niedrigen glykämischen Index, steigt der Blutzuckerspiegel nur geringfügig an, etwa bei Salat, Gemüse und solchen Lebensmitteln, die einen hohen Wassergehalt aufweisen.

Zu hohe Blutzuckerspitzen bedeuten, dass der Körper sich kurzfristig in einen diabetischen oder prädiabetischen Stoffwechselzustand begibt, der den Gefäßen und den Nerven schaden kann. Je höher der Glukosespiegel im Blut ist, umso mehr Insulin wird gebraucht. Dazu werden die insulinproduzierenden Zellen (Betazellen/Inselzellen) im Pankreas zur vermehrten Produktion angeregt, die dauerhaft auch zu einer Erschöpfung der Zellen führen kann. Steht aber nicht mehr genügend Insulin zur Verfügung, wird der Zucker (Glukose) nicht in ausreichender Menge in die Zellen des Organismus transportiert, er bleibt in der Blutbahn und zeigt sich als zu hoher Blutzuckerspiegel, nämlich als Diabetes.

Aus diesen Grund ist es vor allem für diejenigen Menschen wichtig, hohe Blutzuckerspitzen zu vermeiden, die dazu neigen, an einem Diabetes zu erkranken. Ein erhöhtes Diabetesrisiko besteht für alle Menschen mit erhöhtem Körpergewicht und solchen, in deren Familien ein Diabetes bereits aufgetreten ist, wenn sie also eine positive Familienanamnese haben. Für jeden Diabetiker sind Blutzuckerspiegel absolut ungesund und der Verzehr von Lebensmitteln mit einem hohen glykämischen Index sollte nicht auf dem Speiseplan stehen.

Einige Tipps zur richtigen Ernährung bei Diabetesneigung:

Reichlich Obst und Gemüse verzehren, die zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels gut geeignet sind.

Die Aufnahme ausreichender Mengen an Ballaststoffen führt zu einer langsameren Verdauung und verzögerten Freisetzung des Zuckers. Ballaststoffe sind in Müsli, in Hülsenfrüchten wie Bohnen und Linsen und auch in Vollkornbrot enthalten. Geschrotete Körne und andere Faserstoffe haben zusätzlich den Vorteil, dass sie das Volumen der aufgenommen Nahrung erhöhen. Dadurch ist man rascher satt und das vermehrte Volumen im Darm sorgt für einen verbesserten Stuhlgang.

Sport und vor allem Ausdauersport tragen dazu bei, dass in den Zellen der Muskulatur vermehrt Energie verbraucht wird. Diese Energie liefert die Glukose und bei einem hohen Verbrauch in den Zellen wird der Zucker aus den Gefäßen zu den Zellen der Muskulatur transportiert und dort in Energie umgewandelt. Die so verbrauchte Glukose steht für die Erhöhung der Blutzuckerspiegel im Blut nicht mehr zur Verfügung und eine diabetische Stoffwechselsituation verbessert sich.

Adipositas bei Kindern frühzeitig bekämpfen

Oktober 26th, 2009 by

Übergewicht und Adipositas sind ein zentrales Thema der heutigen gesundheitspolitischen Diskussion. Übergewicht und Adipositas haben nachgewiesenermaßen fatale Auswirkung auf den Gesundheitszustand der betroffenen Personen. Chronische Krankheiten, die vermehrt auftreten, wie zum Beispiel Herzkreislaufkrankheiten, Diabetes mellitus Typ 2 und verschiedene Krebsarten verkürzen die Lebenserwartungen der Übergewichtigen.

Insbesondere die steigende Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Kindern verdeutlicht das Ausmaß und die Dimension des Problems und führt zur Frage nach den möglichen Ursachen.
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