diabetesDE und DAG fordern klare Lebensmittel-Kennzeichnung Rote Ampel soll zu viel Zucker, Salz und Fett aufdecken
Berlin – Was ist wirklich drin in unseren Lebensmitteln? Fast vier von fünf Bundesbürger ärgern sich über fehlende, unübersichtliche oder missverständliche Formulierungen auf Lebensmittelverpackungen. Eine klare und leicht verständliche Kennzeichnung ist besonders wichtig für chronisch Kranke, die häufig auch mit einem zu hohen Gewicht kämpfen, zum Beispiel für Menschen mit Diabetes Typ 2 und anderen Stoffwechselerkrankungen.
Auch für Personen, die vorbeugend ihre Ernährung verbessern möchten, wäre der Griff zu den gesünderen Produkten erleichtert, wenn diese besser erkennbar wären. Anlässlich des Tages der gesunden Ernährung am fordern diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) erneut eine klare Nährwertkennzeichnung, zum Beispiel in Form einer „Nährwertampel“.
Zu den großen Ängsten der Verbraucher in Deutschland gehört es, Lebensmittel zu essen, die die Gesundheit beinträchtigen. Da ist es erstaunlich, dass die Lebensmittelindustrie nicht größten Wert legt auf Wahrheit und Klarheit bei der Kennzeichnung ihrer Produkte. Nach der aktuellen Verbraucherstudie 2014 der Société Générale de Surveillance Holding (SGS) hat knapp jeder zweite Verbraucher Probleme damit, Verpackungsangaben überhaupt zu verstehen. „Verbraucher sind überfordert, wenn sie erst einen Dreisatz rechnen müssen, bevor sie genau wissen, wieviel Fett oder Zucker sie mit dem Lebensmittel zu sich nehmen. Verwirrende Prozentangaben, unrealistische Portionsgrößen, zu kleine Schrift und idealisierte Abbildungen auf den Verpackungen bieten keine Orientierung, sondern ärgern die Verbraucher nur“, kritisiert Professor Thomas Danne, Kinderdiabetologe aus Hannover und Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.
Bei einer verpflichtenden Ampelkennzeichnung würde die Lebensmittelindustrie vermutlich auch eher bereit sein, ihre Produktrezepturen zu überdenken, vermutet Professor Martin Wabitsch, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) und Experte für adipöse Kinder und Jugendliche.
„Bei vielen Lebensmitteln, wie etwa Frühstückszerealien, Fertigprodukten, Süßigkeiten oder Getränkepulver könnte man den Zuckergehalt leicht um bis zu einem Drittel reduzieren, ohne dass der Geschmack leidet – das macht sogar ökonomisch Sinn für die Hersteller,“ erklärt Wabitsch. Besonders problematisch sind unverständliche Nährwertangaben für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen auf eine ausgewogen gesunde oder auf eine spezielle Ernährung angewiesen sind. Immer mehr und auch immer jüngere Menschen kämpfen mit starkem Übergewicht und den chronischen Folgen wie Diabetes Typ 2, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Mit einer leicht verständlichen Kennzeichnung könnten die Hersteller einen wichtigen Beitrag zur Prävention dieser Krankheiten leisten, sind sich Experten von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und der Deutschen Adipositas-Gesellschaft einig. Am besten verstehen Verbraucher eine Kennzeichnung in Ampelfarben – das haben Umfragen längst gezeigt. Trotzdem hat die Lebensmittelindustrie auf EU-Ebene dafür gesorgt, dass die leicht verständliche Ampel- Kennzeichnung heute keine gesetzliche Pflicht für die Hersteller ist. Statt eine verständliche Nährwertkennzeichnung voranzutreiben, verlegt sich die Lebensmittelindustrie nun verstärkt darauf, Lebensmittel mit besonderen Gesundheitseigenschaften zu produzieren, etwa den Cholesterinspiegel zu senken oder die Abwehrkräfte zu stärken. „Functional Food“ boomt. „Ich kann nur raten, sich nicht allein auf punktuell gesundheitliche Zusatznutzen der neuen Trend-Lebensmittel zu verlassen. Je mehr Tüten-, Halbfertig- und Fertigprodukte, je mehr Fast Food sie essen, um so mehr gesättigte Fette, Zucker und Salz nehmen sie zu sich. Unsere Nahrung sollte möglichst naturbelassen und selbst zubereitet sein. Das ist das beste Rezept,“ empfiehlt Danne.
Anlässlich des Tages der gesunden Ernährung am 7. März 2014 fordern diabetesDE – Deutsche Diabetes- Hilfe und die Deutsche Adipositas- Gesellschaft erneut verpflichtende Nährwertkennzeichnung: Gut sichtbar auf der Vorderseite sollten in einer farblichen Grafik Brennwert (Kalorien) sowie alle Nährstoffe pro 100 Gramm in rot (hoher Gehalt), gelb (mittel) und grün (niedrig) gelistet werden.
Eine ausführliche Nährwerttabelle (Brennwert, Eiweiß, Zucker, Fett, gesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe und Salz) sollte gemäß der neuen Lebensmittelinformationsverordnung spätestens ab 2016 auf der Rückseite stehen. Die neue Kennzeichnungspflicht begrüßen die Experten von diabetesDE und DAG zwar, halten sie dennoch für unzureichend, da der Verbraucher auf diese Weise nur mehr Zahlenwerte, aber keine echte gesundheitsbezogene Kaufhilfe erhalte. -Stefanie Gerlach-