Gemeinsamer Ursprung von Stoffwechsel und Immunsystem
Es besteht offenbar ein enger Zusammenhang zwischen den körpereigenen Stoffwechselprozessen und dem Immunsystem, und diese Interaktion rückt in den letzten Jahren zunehmend ins Zentrum diesbezüglicher Forschung. Ebenso ist starkes Übergewicht als wichtiger Risikofaktor identifiziert, der einen schweren Verlauf von Infektionskrankheiten bedingen kann. Das wurde besonders in der Zeit der COVID 19-Infektionen bei übergewichtigen und adipösen Menschen mehr als deutlich.
Seit langem ist den behandelnden Ärzten klar, dass bei Adipositas die viszeralen Fettgewebezellen (Bauchfett) eine chronisch-systemische Entzündung verursachen. Begleitend ist besondere das Immunsystem involviert. Daher werden von medizinischen Experten sowohl die Adipositas als auch ein Diabetes mellitus als chronisch-entzündliche Krankheit betrachtet. Auf einer Pressekonferenz während dem diesjährigen Internistenkongress in Wiesbaden wurden neue Konzepte bei Adipositas bedingten metabolischen Erkrankungen vorgestellt. Begründet im Nachweis von Interaktionen zwischen immunologischen und metabolischen Signalwegen, die schon bei kleinsten Lebewesen gesehen werden, steuern im menschlichen Organismus identische Moleküle sowohl Stoffwechsel- als auch Entzündungsvorgänge, deren enge Verknüpfungen wichtigen und nützlichen Funktionen nachkommen: Demnach versorgen Zellen des Fettgewebes bei einer akuten Entzündung das Immunsystem mit Energie zur Unterstützung der Immunreaktion. Erkrankungen, die den Stoffwechsel stören rufen wiederum Reaktionen im Immunsystem ab, die die Entzündungswerte erhöhen, so die Forscher.
Werde die Fettgewebsmasse im Bauchraum drastisch erhöht und überschreite das normale Maß relevant, entstünden diverse immunologische und metabolische Reaktionen. Zunächst erhöht sich die Aktivität der Fettzellen (Adipozyten). Damit verbunden ist eine vermehrte Produktion der Makrophagen, die als Zellen des Immunsystems in das in das Gewebe einwandern. Damit ist der Zustand einer leichten systemischen Entzündungsreaktion gegeben, die vom lokalen Fettgewebe ausgehend systemisch im gesamten Körper vorliegt. Der Nachweis dieser Inflammation wird als Laborwert im erhöhten C-reaktiven Protein im Blut geführt (CRP); es wird daher auch Adipositas-CRP genannt. Dieser Zustand induziert eine Insulinresistenz, bei der das blutzuckersenkende Hormon an den Körperzellen nicht mehr angenommen wird. Aufgrund dessen bleibt und steigt der Zuckerspiegel im Blut unweigerlich an, und der erste Schritt zu einer Diabeteserkrankung ist aufgrund der metabolischen und immunologischen Veränderung getan.
Eine solche chronische Aktivierung des Immunsystems führt zu Verringerung der Infektionsabwehr und bereitet den Boden für Folgeerkrankung wie Typ 2-Diabetes, metabolisches Syndrom mit Bluthochruck und erhöhtem Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Als wichtigste Behandlungsmethode gegen diese Entwicklung wird von den Experten primär die Reduktion des Körpergewichts mit hohem Stellenwert angegeben.
Bei mehr als 10.000 betroffenen Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten und hohe Entzündungswerte hatten, wurden in einer Studie ein entzündungshemmender Antiköper eingesetzt, mit dem man die Sterblichkeit zwar verringern konnte, allerdings blieb das Diabetesrisiko weiterhin bestehen. Wurde eine anti-inflammatorische Medikation gewählt, konnte kein positiver Effekt bei der herzschützenden Wirkung erzielt werden. Die Experten plädierten für die Entwicklung maßgeschneiderter immunologischer antientzündlicher Therapien, die nicht nur das metabolische Syndrom adressieren, sondern über das Immunsystem die Risiken für Herz-Kreislauferkrankungen vermindern könnte.