Diabetes: Psyche und Stoffwechsel sind in der Pandemie stärker belastet
Menschen mit Adipositas tragen per se schon eine große körperliche Last. Schwerer wird die Belastung immer dann, wenn ihnen in ihrem sozialen Umfeld und im täglichen Leben, auf Reisen oder sogar bei ihrem Therapeuten mit herablassenden Blicken und verächtlicher Zuwendung begegnet wird. Vorurteile und negative Stereotypen werden zu Stigmatisierung für den Betroffenen und wirken als echte Kränkung negativ auf das Selbstwertgefühl.
Nicht selten passen sich die chronisch kranken Menschen an diese Abwertung aus ihrer Umgebung an; sie fühlen sich selbst als minderwertig, meiden soziale Kontakte, Leben im Dauerstress, und sind immer weniger in der Lage sich um die eigene Gesundheit zu bemühen. Dabei geht oft jegliche Fürsorge für sich selbst verloren, sie widerstehen und versäumen die dringend gebotene Prävention und wirksame Behandlung ihres chronischen Leidens durch Adipositas.
Stigmatisierungen durch Menschen aus der direkten Umgebung wirken sich sehr belastend für die psychische und physische Gesundheit eines jeden Menschen aus. Besonders betroffen sind Menschen sichtbaren Leiden, wie Übergewicht, Adipositas und Diabetes, aber auch Menschen mit Hauterkrankungen, etwa einer Schuppenflechte (Psoriasis) an sichtbaren Stellen wie am Kopf oder an den Händen machen immer wieder solche abwertenden Erfahrungen in ihrer sozialen Umgebung.
Bei diesen Patienten treten psychische Beeinträchtigung, Traurigkeit und Depressionen deutlich häufiger auf; oft doppelt so häufig wie bei Menschen ohne solche sichtbare Erkrankungen. Erschwerend kommt hinzu, dass einige dieser für jeden sichtbaren Krankheiten sich im Krankheitsverlauf gegenseitig noch negativ beeinflussen! Für Menschen, die Stigmatisierung erfahren aufgrund einer Erkrankung wie Adipositas und Diabetes oder sichtbare Hautveränderungen besteht ein nicht unerhebliches Risiko für immer wiederkehrende depressive Episoden.
Dieses Risiko wird seit fast drei Jahren verschärft durch die Bedrohung der Corona Pandemie, die für fast alle Patienten mit chronischen Erkrankungen mit einem höheren Infektionsrisiko einhergeht, insbesondere wenn chronisch-systemische Entzündungen vorliegen, wie bei adipöse Menschen, mit oder ohne Diabetes mellitus. Arztbesuche oder Schulungsgespräche wurden meist nur im digitalen Format angeboten, der persönliche Kontakt zur Arztpraxis oder Diabetesberatung fand deutlich seltener oder überhaupt nicht mehr statt. Für Patienten mit eingeschränkter Mobilität ist diese Möglichkeit der digitalen Kommunikation und Beratung von großem Vorteil.
Andere, die durch mehr Bewegung ihr Körpergewicht kontrollieren wollten, befanden sich im ständigen Lockdown, waren an Haus und Wohnung gebunden, die Fitness-Studios waren geschlossen und so blieb oft nur der Weg vom Home-Office zum Kühlschrank, der sich in ständiger Nähe befand, und oft den frustrierenden Tagesablauf durch Nahrungszufuhr befriedigen konnte. Damit verbunden waren deutliche Schwankungen des Blutzuckerspiegels und ein stetiger Anstieg des Körpergewichts.
Der Blick auf die Waage ruft Ängste und ein Gefühl der Überforderung auskommen, auf die mit Selbstbehandlung reagiert wird: es werden Insulinpausen eingelegt und manche Medikamente Medikamente nicht genommen, um nicht noch mehr zuzunehmen. Verbunden mit der wenig kontrollierten Nahrungszufuhr kann die Grunderkrankung Diabetes mellitus zu gefährlichen Blutzuckerschwankungen führen und aus dem Fettstoffwechsel verschärfen steigende, ungesunde Blutfettwerte die Bedrohung von Herz und Gefäßen. Zu wenig Bewegung, zu viel, zu fettes und zu süßes Essen und die Isolierung im Lockdown erhöhen das Risiko für psychische Begleiterkrankungen wie Schlaflosigkeit, Freudlosigkeit und Lustlosigkeit bis zur manifesten Depression.
Experten fordern für diese Patientengruppe mit psychischer Komorbidität bei Diabetes und Adipositas eine professionelle psychotherapeutische Intervention durch geschultes Fachpersonal, das mit dem komplexen Krankheitsbild vertraut ist.